Fritz the Cat – „Hey ja: Die 60er Jahre. – Schöne Zeiten…schwere Zeiten!“

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Heute mal ein Film, der nicht so unbekannt ist, wie viele andere Titel, die ich in diesem Blog beleuchtet habe. EIn Zeichentrickfilm mit Kult-Status, der allerdings in Vergessenheit zu geraten droht. Es ist der erste Zeichentrickfilm aus der westlichen Welt, der sich an ein erwachsenes Publikum wendete. Richtig, denn obwohl dieser Film gezeichnet ist und vermenschlichte Tier-Charaktere als Hauptpersonen fungieren, ist er absolut NICHTS FÜR KINDER! „Fritz the Cat“ von 1972…fritz5

Amerika in den 60er Jahren….was müssen das für Zeiten gewesen sein? Fritz studiert an der Universität welches Studienfach auch immer. Er raucht gerne Shit, steht auf Gruppensex und philosophiert über die Ups and Downs der Gesellschaft. Die Geschichte beginnt, als Fritz drei willige Miezen aufreisst und in seine Studenten-WG abschleppt. Vor Ort sind alle Kommilitonen versammelt um eine tüchtige Hasch-Party zu feiern, also verzieht sich Fritz mit den Mädels ins Badezimmer, genauer gesagt in die Wanne. Es kommt eins zum anderen, es wird sich entkleidet und Fritz steigt mal über jede der drei Mädchen rüber. Doch er bleibt nicht allein, denn die Studenten-Freunde entdecken seinen privaten Gang-Bang und gesellen sich in die Wanne, bis sie von nackten Leibern nur so überquillt.

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Doch die Party wird kurz darauf von der Razzia zweier Schweine-Bullen gecrasht. Fritz nimmt die Beine in die Hand und flieht in eine Synagoge, in der drei Rabbis über das richtige Lesen und Auslegen des Talmud debattieren. Fritz flieht weiter in seine Universität, wirft ein paar Speed-Pillen ein, beginnt auf das Studentendasein zu fluchen und zündet seine Dissertation an und folglich auch aus Versehen die gesamte Universität. Doch Fritz kann der Flammenhölle entkommen und flieht in sein liebstes Stadtviertel New Yorks, nämlich nach Harlem.

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Er steigt in eine afroamerikanische Kneipe ab, spielt eine Runde Billard und wird um ein Haar vom Barkeeper aufgeschlitzt. Er kifft daraufhin auf dem Hinterhof der Kneipe mit einer schwarzen Prostituierten, die er kurz darauf flachlegt und kräftig durchknöpert. Im Vollrausch rennt Fritz anschliessend in die Nacht und hetzt die dunkelhäutigen Proletarier zu einer Revolution gegen die Weissen auf. Es kommt zu einer großen Schlacht, darin mündend dass viele Menschen sterben und ganz Harlem ausgebombt wird.

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Doch damit nicht genug, taucht Fritz in einer Mülltonne unter und trifft am nächsten Tag seine Jugendliebe Winston kennen, mit der er einen Road-Trip nach Texas unternimmt. Unterwegs geht den beiden das Benzin aus, worauf die beiden den rechtsradikalen drogensüchtigen Hasen Blue und seine Stute kennenlernen und bei ihm in einem alten Fabrikgebäude unterkommen. Dort bespricht Blue mit Fritz einen kommenden Terroranschlag, bei dem Fritz eine Gasfabrik in die Luft sprengen soll. Als die Stute aussteigen will, vergewaltigt Blue sie auf einer alten Matratze.

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Anschließend führt Fritz den Terroranschlag aus, die Fabrik explodiert und Fritz landet schwerverletzt in einem Krankenhaus. Dort wird er von den drei Miezen vom Anfang besucht, gibt kurz den sterbenden Schwan und reisst sich anschliessend die Bandagen vom Körper und vögelt die drei Mädels in seinem Krankenbett….

Soviel zum Inhalt. An all jene, die den Film nicht kennen: Ich weiss was Ihr jetzt denkt! Muss das sein, dass bei Flimmervielfalt jetzt auch noch ein Zeichentrick-Porno vorgestellt wird? Nein, lautet die Antwort, denn es ist keiner! „Fritz the Cat“ von Regisseur Ralph Bakshi und Unterground-Comic-Zeichner Robert Crumb ist ein bissiger Kommentar auf die Gesellschaft der 60er Jahre.

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Flimmervielfalt wäre nicht „Vielfalt“, wenn ich einen Film wie Fritz the Cat auslassen würde und vor allem wenn ich die Hauptaspekte des Films nicht beim Namen nennen würde. Der Film ist von Anfang bis Ende verdorben, schmutzig und böse! Drogenkonsum, Sex und Rassendiskriminierung dominieren den Alltag. Der Film weist keinerlei konsequente Erzählung auf. Vielmehr ist er eine Ansammlung aus verschiedenen Situationen, die in Gewalt, Sex oder beidem enden. Das macht es schwierig, den Inhalt des Films zusammenzufassen und wirklich von einer „Handlung“ zu sprechen. „Fritz the Cat“ war in seinem Entstehungsjahr der erste Zeichentrickfilm der in Amerika ein X-Rated als Altersfreigabe bekam, also „Für Kinder unter 18 Jahren nicht geeignet“. In den deutschen Kinos sah die Altersfreigabe nämlich auch das vor, allerdings ist der Film bei Erscheinen auf VHS runtergestuft worden auf eine 16er Freigabe. Die Altersfreigabe ist dabei vollkommen gerechtfertigt. Ich habe den Film zum ersten Mal im zarten Alter von 13 Jahren im Nachtprogramm des ZDF gesehen und war fasziniert, obwohl ich vielerlei politische Bezüge nicht verstand. Rückblickend würde ich sagen, dass ich mir den Film gerne lieber bis zum 16ten Lebensjahr erspart hätte.

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Jeder, der den Film zum ersten Mal sieht, wird verunsichert sein. Was sollte vor allem das amerikanische Publikum von 1972 sagen? Die großen Zeichentrickfilme auf der Leinwand kamen aus der heilen Familienwelt der Disney-Studios. Und nun kam ein Kater namens Fritz, der ebenfalls aus der Feder Disneys hätte entspringen können und tat und sagte Dinge, die man noch nie von einer gezeichneten Figur so gesehen hatte. Kurzum: Der Film löste die Entwicklung der Zeichentrickfilme für Erwachsene maßgeblich aus. Ralph Bakshi kam mit dem Film so richtig in Fahrt und witterte einen Markt für Filme dieser Art und produzierte alle paar Jahre ein weiteres gezeichnetes Machwerk für Erwachsene. Und die Einflüsse von „Fritz the Cat“ sind bis heute noch spürbar. Zwar haben wir den Lifestyle der 60er weitesgehend verdrängt, aber dennoch…Fritz ist ein Hipster durch und durch.

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Mehr noch wusste Fritz Einfluss zu nehmen auf Produktionen wie „Liquid Television“, „Die Simpsons“ oder „Aeon Flux“. Ich würde sogar fast behaupten, dass es heute Serien wie „American Dad“ oder „Family Guy“ in dieser Form nicht geben würde, wenn mit „Fritz the Cat“ nicht ein Monument des erwachsenen Zeichentrickfilms geschaffen worden wäre. Trotz seiner verhältnismäßig kurzen Laufzeit ist der Film vollgestopft mit Referenzen aus der Entstehungszeit und politischen, wie gesellschaftlichen Debatten. Folglich wäre es falsch, ihn lediglich auf den Sex&Crime-Gehalt runterzubrechen. Zudem hat der Film einen fantastischen Soundtrack, der das Lebensgefühl der 60er-Hipster in die Neuzeit transportiert.

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„Fritz the Cat“ ist kein Film für jedermann. Viele Zeichentrick-Freunde werden ihn heutzutage als zu schmuddelig einstufen. Meiner Meinung nachhandelt es sich jedoch um ein zeitgenössisches Sittenbild ähnlich der Werke einer Jane Austen. Nur mit dem Unterschied, dass sie eine Zeitperiode unter die Lupe nehmen, deren Details besser unter den Teppich gekehrt worden wären. Und trotzdem ist dieser Film in der Geschichte des Zeichentrickfilms nicht mehr wegzudenken und damit zwar keine Empfehlung aber zumindest einen Hinweis zur Kenntnisnahme wert!

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3 Gedanken zu „Fritz the Cat – „Hey ja: Die 60er Jahre. – Schöne Zeiten…schwere Zeiten!“

  1. Äußerst mutige Thematik. Aber passend für den Zeitgeist der 60er 😉 . Dass die Idee Vorbildcharakter hatte, musste ja klar sein 🙂 . Kannte ich aber vorher auch noch nicht, vielen Dank für den Artikel!

    Gruß,
    Dominik

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  2. Pingback: Zensur- und Prüderie-Rollback | psychosputnik

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